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Coaching, Gebäudetechnik, Projektleitung, Indien

it is a man’s world

liebe leser

danke für die vielen ermunternden mails, die ich auf meinen letzten beitrag bekommen habe. einige haben sich da wohl echt sorgen gemacht. natürlich war’s schon so, das ich ein wenig den stinker hatte, aber der kleine einschub in klammern war ja auch schon da. kurz: so heiss wie’s gekocht wird isst besonders hier in indien niemand, denn ohne besteck verbrennt man sich sonst ganz gehörig die finger!

nach meinen vielen berichten, in denen ich zwar die unterschiede etwas darzustellen versuchte, möchte ich hiermit nun einfach auch mal die seite etwas zeigen, die einem schon auch etwas an die nüsse gehen kann 🙂

nichts desto trotz jetzt natürlich schon noch der angedrohte kurze exkurs in die man’s-world…….

die unterschiede zwischen männlein und weiblein sind hierzulande schon sehr augenfällig, und dies nicht nur wegen der kleidung. aber gerade hier zeigt sich ein etwas eigenartiges bild. für frauen gibt es eigentlich zwei arten von kleidung, die etwa 99.5% der gesamten weiblichen bevölkerung abdecken. es sind dies der sari und der panjab. beides traditionelle bekleidungen, der sari, die gewickelte rund 6 meter lange stoffbahn, die zusammen mit „blouse“ (würde bei uns eher als sport-bh bezeichnet..) und unterrock getragen wird, wobei die letzten beiden eher neuzeitliche ergänzungen zum effektiveren verhüllen des körpers darstellen und in diesem klima eher weniger wirklichen nutzen in sich bergen. der panjab ist eine weit geschnittene, an den fesseln eng anliegende hose und ein oberkleid, das etwa knielang ist. dazu wird noch ein schal getragen, der die sonst so charakteristischen zwei erhebungen möglichst unsichtbar machen soll.
neben den fast ausschliesslich traditionell gekleideten frauen hat sich bei den männern ein eher westlicher stil mit bundfalten-hosen und langärmeligen hemden durchgesetzt. nur noch die minderheit der männer kleiden sich in den traditionellen lunghi oder den dhoti, die beiden wickelröcke, die „den mann“ heutzutage eher als landei brandmarken. dazu hat sich auch bei diesen bekleidungsvarianten das langärmlige hemd als oberbekleidung durchgesetzt. die jungen männer tragen am liebsten auffällig gemusterte schlaghosen mit bunten stickereien und ebensolche hemden, auf denen dann ganz ungeniert auch mal slogan’s wie „thop gann“ oder „naik“ stehen. das bei ersterem ebenfalls aufgestickte kampf-flugzeug oder das eindeutige logo beim zweiten mit dem stilisierten haken bestätigt den unsäglichen umgang mit begriffen aus fremden sprachen, der mehrheitlich der phonetik angelehnt wird. dies ist jedoch eher ein nebenschauplatz, was sich in der ganzen sache halt gut spiegelt ist die strenge vorgegebene ausrichtung an traditionellem was die frauen angeht und die dazu im widerspruch stehende art der männer, sich alle annehmlichkeiten der moderne gleichzeitig und exklusiv zunutze zu machen.
männer haben in diesem land so ziemlich alle freiheiten, den frauen steht davon nur ein kleiner ausschnitt zur verfügung, und dies auch nur tagsüber, denn nachts hat eine anständige frau auf öffentlichem grund nichts verloren. netürlich sieht es in den gross-städten etwas anders aus, aber ich schreibe ja immer noch über die rund 700 millionen auf dem lande….

ein lichtblick war anfang letzter woche die ankündigung der grossen parteien, nach gut 15-jähriger beratungszeit den „woman’s reservation bill“ (33% frauen im abgeordnetenhaus) durchs parlament zu bringen. es wurde dann aber, genau am internationalen tag der frau nochmals so richtig heiss, als sich gerade die ultrakonservative hindu-partei nochmals dagegen stemmte. das argument war, dass sie zur zeit der lancierung der diskussion im jahre 1995 noch nicht bestanden und deswegen nicht dazu befragt wurden und dass sie natürlich nicht nur eine frauen-quote von 33% gesetzlich verankern wollen, sondern dass darin noch verschiedene kasten anteilsmässig berücksichtigt werden sollten. ein aufschrei verschiedener frauenorganisationen führten dann am tag danch zur annahme des artikels, und schon bei den nächsten wahlen im jahre 2014 soll nun also das erste mal die quote erfüllt werden. es ändert sich also frühestens dann etwas für „die“ (welche?) frauen, aber es wird mit sicherheit nochmals 10 jahre dauern bis davon etwas bei den 700 millionen in den provinzen ankommt, denn erstmal kommen natürlich nur frauen ins parlament, die das spiel nach den regeln der etablierten männer-fraktion spielen.. wie halt auch sonst überall im land und auf der welt..

die männer, stolz ihren sohn auf den armen tragend auch wenn er schon lange selber laufen könnte,sind meist ein-zwei schritte vorneweg und hinterher dann die frauen mit den töchtern, den einkäufen und mit stoischer miene.
der mann sitzt auf dem cot das bett mit holzrahmen und stoffgurt-bespannung, rund 50 cm entfernt vom trinkwasser-behälter und liest die zeitung, um einen schluck zu trinken ruft er die frau, die in 5 metern entfernung am wäsche klopfen ist und sie muss ihre arbeit unterbrechen und dem mann das wasser reichen.
die frauen essen immer am schluss, natürlich das was übrigbleibt, denn sie müssen zuerst die gäste und dann die männer bedienen.

kurrz: zuerst die männer, dann die söhne, dann die frauen und zuhinterst die töchter. und solange das so bleibt, bleibt vieles hier in diesem land so wie’s ist.. und es liegt halt zur hauptsache an den frauen, da was zu ändern, denn die männer geben ihre privilegien sicher nicht freiwillig auf.
auch als gast ist man fast gezwungen, das spiel mitzumachen, denn wenn man beispielsweise den eigenen teller nach dem essen selber abwaschen will, fühlen sich die frauen in ihrem hausfrauen-gastgeberinnen-gefühl verletzt. hier in unserem center konnte ich das dilemma mit vielen gesprächen langsam lösen, aber auch nur dank der hilfe von mr. mukkanti, der halt in seiner eigenschaft als englisch-übersetzer solche konversationen erst möglich macht. danke!

was die politik betrifft erspare ich euch eine längere abhandlung, denn soviel anders als bei uns ist es nicht, mal abgesehen von den kulturellen details und des völlig normalen und mehr oder weniger offenen verteilens von zielgerichteten geschenken. so wie ich die sache sehe, ist die politische führung hierzulande nach abzug der engländer nahtlos und ohne veränderungen im gebaren in die rolle der ehemaligen kolonialherren nachgerutscht und verhält sich gegenüber der normalen bevölkerung genau diesem vorbild entsprechend. posten werden eher als erreichte ziele mit den entsprechenden vorrechten gesehen als als verpflichtung, was dafür zu tun. beim besuch beim minister für „second education“ sprang der ganze raum voller bittsteller beim eintreten des herren wie auf ein stilles kommando hin von den sitzen hoch in eine haltung, die ich aus meinen vergangenen tagen bei der schweizer armee her noch kenne. dank dieses trainings konnte ich fast reflexartig mein erstaunen überwinden und ohne grössere zeitliche verzögerung mitziehen.

und so sieht man mal wieder, das man nie wissen kann, wozu etwas das man mal gelernt hat gut ist 🙂

Updated: 15. März 2010 — 5:50

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