anamana.ch

Coaching, Gebäudetechnik, Projektleitung, Indien

Indien im November 2013

Nun bin ich seit drei Wochen wiederum in Andhra Pradesh und diesmal, so scheints, habe ich mich mit dem Reisegepäck etwas vertan. Zum Glück war da noch meine Kiste…

Ende Oktober war der Nordost-Monsun noch nicht ganz abgeklungen, als die Bundesstaaten Andhra Pradesh und Odisha von den Ausläufern des Cyclons „Phailin“ getroffen wurden. Nach einer kurzen Ruhephase ist dann Ende letzter Woche der Cyclone „Helen“ etwa 80 km süd-östlich von unserem Hauptquartier auf die Küste getroffen und Heute nun kommt in etwa derselben Gegend auch der bereits dritte Cyclone „Lehar“ an Land.
Die bisher angerichteten Schäden blieben, im Vergleich zu den Verwüstungen von „Phailin“ im Südasiatischen Raum, zwar in einem medial eher bescheidenen Rahmen, nichts desto Trotz aber sind die Auswirkungen, vor allem der starken Winde und des Regens, auf die Landwirtschaft verheerend.
In vielen Gebieten steht der Reis um diese Jahreszeit kurz vor der Ernte und die Pflanzen haben kurz vor der Reife ihrer Körner, wie beispielsweise der Weizen bei uns, den Regenfällen gepaart mit heftigen Windböen nichts mehr entgegen zu setzen. So wurden quadratkilometerweise Felder plattgewalzt und zahllose Kleinbauern in den Ruin gestürzt.
Damit einher gehen natürlich auch eher ungewöhnlich tiefe Temperaturen und eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit und deswegen war ich wirklich erleichtert, in meiner Kiste eine Pullover und eine Regenjacke zu entdecken!

Die anhaltende Feuchtigkeit kriecht nicht nur tagsüber in die Sandalen sondern macht natürlich auch vor den Betten nicht halt. Dies ist aber bereits eher ein „Luxus-Problem“ denn die meisten Menschen hier schlafen nach wie vor nur auf einer dünnen Matte auf dem Fussboden.
Die ganzen Abfallberge entlang der Strassen entlassen ihre giftige Fracht mit dem Regen ins Grundwasser und dies wird dann einige Meter weiter wieder mit einer Handpumpe an die Oberfläche befördert. Die vielen kleinen Tümpel sind wahre Paradiese für die hiesige Mückenpopulation und so verwundert es nicht wirklich, dass gerade aktuell wieder extrem viele Menschen an viralen und bakteriellen Erkrankungen aller Art leiden.
Sauberes Trinkwasser gibts hierzulande fast ausschliesslich in abgepackten Flaschen – zum Wohl von Néstle und Coca-Cola, aber leider unerschwinglich für die Menschen, die es am nötigsten hätten!

Durch die etwas widrigen klimatischen Bedingungen wird natürlich auch der Verkehr ziemlich in Mitleidenschaft gezogen. Die sonst schon weitläufig desolaten Zustände der Strassen werden mit Regen zu echten Hinderniss-Strecken – die mit Wasser gefüllten Schlaglöcher sehen plötzlich alle gleich aus, ob sie nun 2 oder 20 cm tief sind. Die Sandalen erweisen sich aber allen Erwartungen zum Trotz auch in dieser Jahreszeit als ideale Fussbekleidung, sie verhindern zwar nicht wirklich die kalten Füsse aber immerhin läuft das unweigerlich eindringende Wasser problemlos wieder ab.

Reisen ist also momentan eine echte Herausforderung, ungeachtet dessen habe ich aber erneut schon wieder mehr als 1’000 km zurückgelegt, davon etwa die hälfte zusammen mit Mukkanti auf dem Motorrad. Dies allerdings dann natürlich nicht bei Regen…

Viele Trip’s und Besuche galten erneut den Kindern und Jugendlichen aus unserem Childsupport Programm. Wir überprüfen da regelmässig, ob die Schule auch tatsächlich besucht wird und ob über die Verwendung der Sponsoring-Beiträge korrekt Buch geführt wird. Erfreulicherweise ist dies bei einem überwiegenden Teil der Kinder eine kurze Sache, denn Sie halten sich sehr gut an die Spielregeln. Natürlich gibt es bei mittlerweile über 100 Kindern auch immer wieder Ausnahmen. Wir bewegen uns ja mit unserer Zielgruppe in den Sozial schwächsten Schichten wo viele der Betreuungspersonen, alleinerziehende Mütter und Väter oder entferntere Verwandte, Analphabeten sind und bei Gelegenheit versuchen, etwas von dem Sponsoring-Geld für andere Zwecke abzuzweigen. Dies stellt dann jeweils ein grosse Herausforderung dar, denn wir müssen in jedem einzelnen Fall teils stundenweise ganze Sippen bearbeiten und ihnen klar machen, dass das weitere Schicksal, nicht nur des Kindes sondern auch der Angehörigen selber, davon abhängt, dass die Kid’s zur Schule gehen können. Davon hängt es schliesslich ab, ob nach der Schule eine weitergehende Ausbildung und damit verbunden später bessere Verdienstmöglichkeiten offen stehen. ..Nicht immer einfach, da die richtige Balance zwischen Druck und Verständnis für die teils unvorstellbaren Einzelschicksale zu finden.
Auch in diesem Schuljahr mussten wir in zwei Fällen leider den harten Entscheid treffen, das Sponsoring einzustellen. Nach Unregelmässigkeiten im letzten Jahr und trotz der ausgesprochenen Verwarnung kam es zu erneuten Differenzen in einer nicht tolerierbaren Höhe wo auch nicht klar war, ob es nun die Verwandten oder das Kind selber nicht so genau genommen haben. Eines der Mädchen im Alter von gerade 18 Jahren versuchte, zuerst mit vielen Entschuldigungen und lautstarker Diskussion, dann mit vielen Tränen und einem abschliessenden Mords-Gezeter, und dazu zu überreden das Sponsoring doch fortzuführen. Als wir nicht darauf eingingen, war dann innerhalb von 10 Minuten die grosse Beruhigung da und wir wurden doch tatsächlch frecherweise gleich noch zu ihrer bereits arrangierten Hochzeit eingeladen. Sowas lässt einem schlicht Sprachlos, ist aber vom dahinterstehenden Mechanisum her eigentlich typisch für die sehr einfachen Menschen in den ländlichen Gebieten.
Ganz am anderen Ende der Skala sind zum Glück viele unserer Patenkinder anzusiedeln. Es gibt da Jungs und Mädchen, die sich trotz teilweise enormem Druck in ihren Familien als mental sehr gefestigt herausstellen und ihre Ausbildung mit einer bewundernswerten Zielstrebigkeit verfolgen. Insgesamt habe ich auch diesmal wieder einen sehr positiven Eindruck von diesem Projekt aus den bisherigen Besuchen mitgenommen und es ist immer wieder ein wirklich herzerwärmendes Erlebniss, in leuchtende Kinderaugen zu blicken und die mit ungeheurem Stolz präsentierten Schulhefte, Abschlusszeugnisse und Sponsoring-Unterlagen zu begutachten.

Updated: 24. März 2016 — 0:53

3 Comments

Add a Comment
  1. Sehr gut geschrieben lieber gruss thomas

    1. hallo thomas, herzlichen dank für die blumen!

  2. Hallo Reto einer in unserem Club der wirklich mit Herzblut bei seiner Arbeit dabei ist.
    Gerne lesen wir Deine Zusammenfassungen
    Lieber Gruß Fam. Huber

Schreibe einen Kommentar

anamana.ch © 2016 Frontier Theme