anamana.ch

Coaching, Gebäudetechnik, Projektleitung, Indien

Indische Mühlen …

Auch hier in Indien gilt das Sprichwort der langsam mahlenden Einrichtungen – nein nicht „Auch“ sondern viel mehr „Ganz besonders“!

Nach der Initiierung unseres Hostel-Projektes für Girl’s war der anfängliche Support der lokalen Behörden geradezu Sensationell, verschiedene Exponenten übertrafen sich nachgerade mit Versprechungen im Bezug auf das Zuweisen eines geeigneten Landstückes. Im Zuge der folglich natürlich notwendigen bürokratischen Schritte aber war dann bereits etwas Ernüchterung eingekehrt, denn die Versprechen stellten sich nicht gerade als Bindend für die involvierten Amtsstellen heraus und so begann eine eigentliche Odysee durch die Schreibstuben von Guntur und Macherla.
Der nicht nachlassende Einsatz von Mr. Mukkanti führte dann nach langem und äusserst frustrierendem Hin und Her dazu das wir dann am 28. April 2012 endlich den Grundstein auf einem rund 4’000 m2 grossen und ideal gelegenen Grundstück setzen konnten.
image006
Dieser eigentliche Meilenstein war dann aber leider wiederum nicht der erhoffte wirkliche Beginn der Bauphase. Weitere, teilweise absurd-viktorianische, Behördengänge und Bewilligungen für Dieses und Jenes von den Elektrizitätswerken über die lokale Gemeindeverwaltung bis hin zum Amt für Strassenbau und einer lokalen Landwirtschafts-Kooperation erwiesen sich als erneute Stimmungs-Killer.

Einschub:
Eigentlich sollte man annehmen können, das im Falle von Internationaler Hilfe von Nicht-regierungs Organisationen (NGO) die Unterstützung seitens der Behörden gut sein sollte. Aufgrund der indischen Gesetzgebung ist es allerdings so, das als ausführende Organisationen ausschliesslich indische NGO’s in der rechtlichen Form von Society’s zugelassen sind. Es gibt Schätzungen zufolge rund 1,5 Millionen solcher Society’s in Indien – weitere inoffizielle Schätzungen sprechen davon, das lediglich ein kleiner Bruchteil davon wirklich Aktiv an sozialen Projekten arbeitet. Der Grund dafür liegt darin, das indische Steuerpflichtige einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Steuerschuld direkt solchen Society’s zuwenden können und dies von Vielen Indern zu unehrlichen Zwecken missbraucht wird. Wir sind da also in etwa sowas wie der berühmte „Goldfisch im Haifischbecken“.

Nun konnten in der Zwischenzeit die meisten Herausforderungen zu Glück gemeistert werden und mit dem Einbezug zweier weiterer Partner, je einem aus der Schweiz und aus Indien, läuft die Realisierungsphase des Projektes nun endlich an.
image003
Bereits seit letzter Woche ist ein Team von 2 Leuten nun dauernd vor Ort um die Infrastruktur vorzubereiten. Verschiedene Dinge wurden organisiert, darunter eine vorläufige Bleibe im Dorf als Basis und Kontakte zu lokalen Handwerkern und Lieferanten.
Wir waren am letzten Samstag ebenfalls vor Ort in Veldurthy und haben das Gelände, ein ehemaliges Baumwoll-Feld, von den gröbsten Zuwucherungen befreit und zusammen mit dem Bauingenieur damit begonnen, die Positionen der künftigen Gebäude im Gelände einzumessen und zu markieren.
image005
Nach der abschliessenden Besprechung mit dem ansässigen Hindu-Priester wurde dann im Einklang mit dem hinduistisch-astronomischen Kalender der eigentliche Beginn der Aushub-arbeiten und somit der Start der lange erwarteten Bauarbeiten auf den kommenden Mittwoch, 4. Dezember 2013 festgelegt!

Rückblick – Wasser ist Leben.
Eine alte Binsenweisheit, aber im Falle unseres ehrgeizigen Projektes auch noch viel mehr. Natürlich ist es für den Betrieb eines Wohnheimes mit den geplanten rund 100 Plätzen für Mädchen von existentieller Bedeutung, das die Versorgung mir Wasser gewährleistet ist. Ein funktionierendes öffentliches Wassernetz, wie wir es aus weiten Teilen Europas kennen, existiert aber in Indien ebensowenig wie ein geregeltes Management des Abwassers. Jeder muss also selber schauen, wie er zum Wasser kommt und wie er das Abwasser entsorgen will. Einfach ausgedrückt heisst die einzige Lösung in Indien „Borewell“ und „Septic Tank“. Da wir mit unserem ambitiösen Projekt selbstverständlich in einer besonders rückständigen Region etwas zur Verbesserung der Situation beitragen wollten, haben wir natürlich über weite Strecken mit denselben Problemen wie die ansässige Bevölkerung zu tun.
Die Gegend um Veldurthy (Auf der Karte: Hier zu finden, zusammen mit weiteren Projekt-Standorten.) weist eine sehr anspruchsvolle Geologie auf und ist landwirtschaftlich betrachtet nicht sehr ergiebig. Viele Steine und Felsformationen vulkanischen Ursprungs durchsetzen den Boden und Grundwasser ist schwierig zu fassen. Dies war auch einer der Unsicherheitsfaktoren, der uns zu Beginn ziemlich Bauchweh machte, einserseits hatten wir nun endlich das Landstück für die Realisierung bekommen, andererseits wurde von verschiedener Seite bezweifelt, ob es hier überhaupt Grundwasser gibt. Viele der umliegenden Felder lagen brach, da etliche bestehende Bohrlöcher in den vergangenen Jahren ausgetrocknet sind. Wir beschlossen das Bohrloch trotzdem in Angriff zu nehmen und fanden mit Geologen und Astrologen schliesslich auch einen offenbar vielversprechenden Punkt. Es mag erstaunen, aber in vielen Dingen ist im traditionellen Indien der Beizug eines Astrologen absolut unerlässlich, sei es nun bei Bauvorhaben, Heiraten oder Einweihungs-Terminen.
Das Bohr-Team begann morgens um 8 Uhr mit den Arbeiten und die eigentliche Bohrung begann dann um 9 Uhr. Es war im ganzen Dorf ein grosse Aufregung zu spüren, alle waren gespannt auf den Ausgang des Vorhabens und nicht wenige äusserten ihre Zweifel…
Von Anfang an war klar, das wir hier um einiges tiefer bohren müssen als es beispielsweise in unserer Schreinerei in Perecherla der Fall war. Dort stiessen wir in rund 25 m Tiefe auf Grundwasser. Diese Tiefe war dann in Veldurthy kurz nach der Mittagszeit nach 4 Stunden ergebnisslos erreicht. Bis in den späten Nachmittag hinein und bis zu einer Tiefe von rund 100 m ging die Bohrung erstaunlich zügig voran, dann jedoch stiess der Bohrkopf auf massiven Widerstand und musste in der Folge ersetzt werden. Nach dem Ersatz lief die auf einem Lastwagen montierte Hydraulik-Einheit nicht mehr an und nach dem Ersatz der Batterie war da immer noch nichts zu machen. Die Parallel-schaltung von drei Batterien brachte dann kurzzeitig Erfolg, endete aber schliesslich mit der Explosion einer der Batterien. Zum Glück wurde dabei niemand verletzt! Ein beigezogener Spezialist konnte schliesslich das Problem beheben und so ging’s dann mit dem Einbruch der Nacht weiter in die Tiefe.
Bis Mitternacht drang der Bohrer, wiederum ergebnisslos, bis auf 180 m vor. Die Bohrfirma wollte an dieser Stellen abbrechen und musste mit viel Aufwand dazu gebracht werden, auch die verbleibenden 70 m des Bohrgestänges aus dem Magazin herbei zu schaffen. Der Brahmane (Hindupriester und Astrologe) war sich seiner Sache immer noch sicher, obwohl der Geologe ebenfalls eher zum Abbruch riet.
Mr. Mukkanti bewertete die Situation etwas pragmatisch und meinte, nach 180 ergebnisslosen Metern käme es auf ein paar Meter mehr nun auch nicht mehr an.
So wurde die Maschine wieder gestartet und die Suche ging weiter. Es ging zwar nur noch zäh aber immerhin stetig voran und kurz vor 200 Metern tiefe kam Wasser! Allerdings währte der ausgebrochene Freudentaumel nur kurz denn bereits nach einigen Augeblicken war der kurze Spuk wieder vorbei.
Kurz vor dem Morgengrauen und in einer Tiefe von gut und gerne 225 war es dann tatsächlich soweit:
ein plötzlicher Druckanstieg trat ein und aus dem Bohrgestänge schoss eine braune Fontäne!
Die restliche Geschichte ist schnell erzählt. Das Bohrgestänge, das letztmals vor Jahren in eine solche Tiefe vorgedrungen ist, wurde entfernt, ein Futterrohr eingesetzt und die mit 380 Volt betriebene Grundpumpe wurde abgesenkt. Die Bohrung war schlussendlich äusserst erfolgreich und wurde in der Zwischenzeit zu einer wichtigen Wasserquelle für die umliegenden reaktivierten Felder. Wir werden sehen, ob die Wassermenge in Zukunft dazu ausreicht, um neben der Versorgung unseres Girl’s Hostel auch noch für die umliegenden Felder etwas übrig zu haben…

SAM_1561

SAM_1576

image001

image004

Am Ende liefern also doch auch die indischen Mühlen ihr Mehl…

Updated: 24. März 2016 — 0:07

Schreibe einen Kommentar

anamana.ch © 2016 Frontier Theme