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Coaching, Gebäudetechnik, Projektleitung, Indien

Patenschaft-Programm Dezember 2013

Einleitung / Allgemeines

Anlässlich meines Aufenthaltes begleitete ich unseren Chef in Indien, Mr. G. Mukkanti in Guntur, und die Koordinatorin für die Rajahmundry und Vishakapatnam Area, Ms. Rupa, auf ihrem zweiten Survey im laufenden Schuljahr. Ziel war diesmal vor allem die Kontrolle der lafenden Ausgaben der Kinder und die generelle Einhaltung der definierten Spielregeln für das Support-Programm.
Die meisten der Kinder waren leider nicht persönlich anzutreffen, da sie im Unterricht waren. Einerseits natürlich etwas enttäuschend für mich aber dafür ein gutes Zeichen für das Programm!
Auch in südlichen Teil von Indien, in dem wir uns in Andhra Pradesh geographisch ja befinden, ist in dieser Zeit des Jahres im Winter. Natürlich ist das nicht mit dem Wetter und den Temperaturen im mitteleuropäischen Winter vergleichbar, die tiefsten Temperaturen während der Nacht liegen meist immer noch über 15° und tagsüber klettert das Quecksilber bei Sonnenschein auch locker über 30°.
Da der November-Dezember jedoch auch die Saison für die Winterstürme ist, zeigt sich der Himmel vielfach bedeckt und dann bewegen sich die Tagestemperaturen zwischen 25 und 30°.
Die diesjährige Sturm-Saison zeigt sich einerseits zwar als sehr aktiv, hatten wir doch in den letzten 5 Wochen gleich drei grosse Cyclone’s zu verzeichnen. Glücklicherweise haben sich jedoch alle Drei von ihrer gnädigen Seite gezeigt und jeweils auf dem Weg über die Bucht von Bengalen richtung Festland ihre Wucht stark abgebaut. So blieb der angerichtete Schaden an Leib und Leben zwar in engen Grenzen, aber die Landwirtschaft litt umso heftiger. Vor allem eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel, der Reis, wurde stark in Mitleidenschaft gezogen da viele Felder kruz vor der Ernte standen und die schweren Halme den starken Winden und den Regenfällen nichts entgegensetzen konnten. Quadratkilometerweise wurden Felder plattgewalzt und zerstört.
Die Sturmsaison bringt jedoch auch jedes Jahr einen sprunghaften anstieg von viralen und bakteriellen Erkrankungen mit sich, die kalte und Feuchte Witterung gepaart mit der an sich schon immer noch desolaten Trinkwasser-Situation in vielen Dörfern und Städten leisten diesen Krankheiten von Gelbfieber über Typhus bis zu Malaria und Denguefieber im Winter massiv Vorschub.
Ein erster dreitägiger Trip führte uns in die äussersten Gebiete unseres Support-Programmes, erst in die Gegend  von Narsipatnam und dann bis nach Vishakapatnam.
Narsipatnam liegt am südlichen Rand des sogenannten Tribal Belt’s, eines Streifens, der sich Quer durch Indien von den östlichen Nachbarstaaten Orissa und Chattisgarh über Andhra Pradesh bis nach Maharashtra erstreckt. Hügelige bis bergige Landschaft bedeckt von vielen Wäldern prägen diese Landschaft, die noch immer Heimat für verschiedenste sehr ursprünglich lebende Volks-Stämme ist.
Adivasi ist ein gebräuchlicher Sammelbegriff für diese Tribe’s oder Stämme, die in der sozialen Hirarchie Indiens zu den untersten Schichten zählen und es trotz offiziell schon vor langer Zeit abgeschafftem Kasten-System auch huete in der Gesellschaft am schwersten haben.
Auch wenn die von uns betreuten Kinder mit ihren Familien heute bereits mehrheitlich ihre Lehm- und Strohhütten gegen regierungs-subvetionierte Häuser eingetauscht haben, ihre Angehörigen kommen mehrheitlich noch aus einer anderen Zeit und sind über weite Strecken Analphabeten und ohne eigenes Land als Tagelöhner auf Arbeit auf fremden Feldern, im Bausektor, in Steinbrüchen oder sonst irgendwo angewiesen. Keine Arbeit – kein Geld – nichts zu essen – kein Budget für die dringendst notwendige Ausbildung der Kinder, so sieht die Realität für Millionen von Menschen auch am Ende des Jahres 2013 immer noch aus.

Grundstufe 1. bis 10. Klasse
Meist kommen wir mit den potenziellen Anwärtern für unser Support-Programm erst nach der Einschulung in Kontakt. Vor allem in den ersten drei Jahren werden die Kinder fast ausnahmslos zur Schule geschickt, ob es sich nun um eigene Kinder handelt oder um Waisen oder Halbweisen. Im indischen System der „Joint Families“ nimmt sich meistens die Familie der Frau bei einem Todefall eines oder beider Elternteile der Kinder an. In vielen Fällen sind die Kid’s dann zwar fürs Erste aufgehoben, werden aber meist auch als Hilfskräfte in Haus und Hof eingesetzt. 4-5 jährige Buben hüten Ziegen oder Wasserbüffel und die Mädchen helfen in diesem Alter bereits beim Saubermachen, in der Küche und beim Wäschewaschen.
Zur Schule geschickt zu werden ist haupsächlich dem zu verdanken, dass die Schulen seit einiger Zeit kostenlose Mittagessen für Schüler austeilen, so ist dann zuhause ein hungriges Maul weniger zu stopfen, solange sich die Arbeitskraft noch nicht wirklich gewinnbringend einsetzen lässt. Dies ändert sich dann etwa ab dem Alter von ca. 7-8 Jahren, dann kann ein zur Feldarbeit mitgebrachtes Kind bereits etwa die Hälfte des Lohnes einer erwachsenen Person einbringen. Für viele Familien dann ein ganz handfester Grund, die eigenen Kinder weiter zur Schule zu schicken und diejenigen der verstorbenen Verwandten als zusätzliche Geldquellen zu missbrauchen. Vor allem darum, weil Schulbildung auch in Indien trotz öffentlich-rechtlicher Schulen zusätzliche, von den Familien zu tragende Kosten verursacht. Uniformen und Schulbücher werden nur vereinzelt kostenlos abgegeben und in vielen Dörfern gibt es keine eigenen Schulen und so müssen die Familien für Schulkinder auch noch für Transport-Kosten aufkommen.

Die jährlichen Kosten für die Ausbildung in den Grundstufen bewegen sich je nach Fall etwa im Rahmen zwischen 100 und 300 CHF.

Folgeprogramm Intermediate oder Polytechnics

Nach Abschluss der 10ten Klasse sind die Jugendlichen in etwa 15 Jahre alt. Auf dem Land ist es dem geltenden Recht zum Trotz immer noch üblich, die Mädchen bereits in diesem Alter zu verheiraten, da die vielerorts immer noch verbreitete Mitgift, der sogenannte Dowri, tiefer gehalten werden kann.
Somit kommt es bei den Kindern in den unteren Alters-Stufen in der Regel zu weniger Problemen als in den folgenden Jahren. Wir versuchen natürlich mit den uns in Indien zur Verfügung stehenden Mitteln und im Rahmen der Möglichkeiten, die sogenannten Drop-Out’s zu vehindern, müssen aber gleichzeitig auch zur Kenntnis nehmen, das wir da leider vielfach nicht mehr viel ausrichten können. Solche arrangierten Hochzeiten werden in der Regel sehr kurzfristig abgehalten und nach vollzogener Trauung sind uns die Hände gebunden. Rechtlich könnte man zwar dagegen vorgehen, aber die sozialen Auswirkungen eines solchen Rechts-Streites wären meist nicht abzusehen, ganz abgesehen von der Tatsache, das die durchschnittlichen Bearbeitungs-Zeiten im indischen Rechts-System schlicht desolat sind.
Wir sind aber mit unserem Programm schon sehr erfolgreich, wenn die Kinder die ersten 10 Jahre der Grundschule absoviert haben, denn dann wurde schon ein bedeutender Schritt gegen das Analphabetentum erreicht. Wir versuchen natürlich auch, vor einer Aufnahme ins Folgeprogramm für die nächste Stufe, je nach angepeiltem Ziel sind dies 2 Jahre Intermediate oder 3 Jahre Polytechnic, den Familien die entsprechenden Anfoderungen klar zu machen. Da es sich bei den allermeisten Kindern aber um Waisen oder Halbwaisen handelt, sind die „Familien“ in der Regel diejenigen von Onkeln oder Tanten, die ihre Prioritäten natürlich auf die eigenen Kinder legen….
Bei einem Kostenrahmen von ca. 300 – 400 CHF pro Schuljahr und einem durchschnittlichen Jahres-Einkommen eines Tagelöhners von ca. 250 – 300 CHF wird deutlich, das eine solche Ausbildung für die allermeisten Familien weit ausserhalb ihrer Möglichkeiten liegt. Gleichzeitig ermöglicht aber diese Ausbildungs-Stufe später eine Anstellung im öffentlichen oder privaten Sektor, die ihrerseits deutlich bessere Verdienstmöglichkeiten eröffnet und damit dann insgesamt zu einer nachhaltigen Verbesserung der Lebensumstände nicht nur des Patenkindes sondern der ganzen Familie ermöglicht.
Hier besteht auch bereits die Abmachung, dass ein solches Sponsoring dann später zu einem Rückfluss in Form von freiwilligen Spenden zugunsten des Programmes führt. So tragen die fertig ausgebildeten jungen Menschen ihrerseits dann dazu bei, dass weitere Kinder ebenfalls die Möglichkeit auf eine Ausbildung erhalten.
Dies ist vor allem da wichtig, wo die besten Absolventen der Intermediate und Polytechnic-Kurse dann in eine höhere Ausbildungs-Stufe einsteigen wollen. Da bewegen sich die Kosten für einen Studienplatz im Bereich von 700 – 1500 CHF pro Jahr bei durschnittlichen Laufzeiten von 4 Jahren. Diese höchste Stufe des Supportprogrammes können nur die besten Schüler/Innen erreichen und sie ist an sehr strenge Bedingungen geknüpft, die nicht nur die Anwärter/Innen selber sondern auch die Erziehungsberechtigten schriftlich zu bestätigen haben. Nur über ein solches Ausbildungs-Agreement mit bereits fixierten Modalitäten im Bezug auf die künftigen Spenden nach Abschluss der Ausbildung und Antritt einer entsprechenden Stelle kann ein Sponsoring-Antrag gestellt werden.

 

Zusammenfassung Survey Dezember 2013

Aktuell umfasst das Support-Programm in den Distrikten Rajahmundry und Vishakapatnam 59 Kinder, verteilt auf 26 verschiedene Dörfer und Siedlungen. 40 Kinder befinden sich in den ersten 10 Klassen, die die in Indien obligatorische Schulpflicht darstellen, 19 Jugendliche konnten in den zweiten Teil des Support-Programmes aufgenommen werden.
Im District Guntur verteilen sich die Kinder und Jugendliche auf 20 verschiedene Dörfer, insgesamt sind in diesem District aktuell 39 Kinder im Support-Programm, davon sind 30 Kinder in den ersten 10 Klassen und 9 im zweiten Teil des Programmes.

Grundstufe 1. – 10. Klasse                                                         70

Folgestufe Polytechnic / Intermediate / Degree                         28

TOTAL Andhra Pradesh                                                              98

Leider sind auch dieses Jahr wiederum einige Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Gründen aus dem Programm ausgeschieden. Vorzeitig aus der Grundstufe ausgeschieden ist nur eine Jugendliche, die den Abschluss der 10. Klasse nicht geschafft hat. Sie hätte zwar die Möglichkeit gehabt, die Prüfung in den verpatzten Fächer nach einem Jahr dann nochmals zu wiederholen, entschied sich aber dazu einen Computer-Kurs zu machen und ist hat mittlerweile einen Job als Datatypistin in Vishakapatnam erhalten. So kann man trotz Drop-Out diesen Fall sogar guten Gewissens noch als gelungen bezeichnen.

In den Folgestufen sind total 4 devinitive Drop-Out’s zu verzeichnen. 2 Mädchen schieden aufgrund einer illegalen aber bereits in aller Eile und heimlich vollzogenen Verheiratung aus. Hier wäre es zwar nach dem Gesetz möglich zu intervenieren, im Hinblick auf das Wohl der offenbar mit ihrem Einverständniss verheirateten jungen Frauen und vor allem im Hinblick auf das marode indische Rechtssystem mit voraussichtlich mehreren Jahren Bearbeitungszeit müssen wir die Tatsachen jedoch Wohl oder Übel akzeptieren. Die anderen zwei Mädchen haben ebenfalls aus eigenem Antrieb die Ausbildungen mangels weiterem Interesse abgebrochen und beide haben einen Job als Hilfsarbeiterinnen angenommen. Da beide auf verschiedene Versuche, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen nicht reagiert haben und auch aus der Verwandtschaft keinerlei Interesse an weiteren Kontakten bestand, mussten wir auch hier passen.

Neben diesen unerfreulichen Tatsachen gibt es noch zwei weitere Fälle bei denen die Abschlussprüfungen in einzelnen Fächern nicht bestanden wurden, hier ist ein Jahr Pause ohne finanzielle Unterstützung aber mit moralischem Support angesagt damit auf das nächste Schuljahr dann die verpatzten Fächer erfolgreich nachgeholt werden können und der Wiedereinstieg gewährleistet ist.

Fazit
In der Grundstufe äuft das Programm weiterhin sehr erfolgreich. Mit der Einstellung und dem Engagement unserer neuen Field-Coordinatorin Ms.Y. Rupa für Rajahmundry/Vishakapatnam haben wir eine sehr zuverlässige und motivierte Betreuerin gefunden. Sie absolviert zur Zeit auf eigene Initiative hin einen Englisch-Kurs um in Zukunft auch im Reporting-Bereich noch effizienter zu werden. Als Frau ist Sie auf alle Fälle bei dem hohen Anteil an Mädchen im Programm eine echte Bereicherung. Ebenfalls ist noch zu erwähnen, das Sie ihre Reisetätigkeit mit Bravour meistert obwohl es für eine Frau hier nach wie vor sehr Schwierig ist, alleine unterwegs zu sein. So muss sie ihre Trips jeweils so planen, dass sie vor Einbruch der Dunkelheit wieder Zuhause ist oder dann bei den Angehörigen eines Patenkindes übernachten kann. Besonders jetzt in der auch in Indien kalten Jahreszeit ist dieser Einsatz eine besondere Erwähnung der Motivation von Ms. Rupa und auch der Gastfreundschaft der Angehörigen wert, schlafen diese doch vielfach dann auf dem kalten Boden und überlassen das oftmals einzige Bett im Haus dem Gast!

Insgesamt kann ich also auch diesmal wieder eine sehr positives Fazit ziehen. In allen Stufen ist die Motivation der Schüler/Innen wirklich gross und nicht wenige aus dem Grundprogramm gehören zu den jeweils Besten in ihren Klassen. Ein Mädchen schaffte sogar die Aufnahme in ein Elite-College in der Hauptstadt Hyderabad und dank ihrer sehr guten Prüfungs-Ergebnisse aus der 10. Klasse benötigt sie nur unwesentlich mehr Unterstützungsgelder als in der Grundstufe!

Ein ganz herzliches Dankeschön an all Sponsoren!

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Updated: 21. Dezember 2013 — 19:55

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